5. Januar 2019
Welches Monopölchen hätten ’S denn gerne?
Kartelle und Monopole sind schlecht für die Volkswirtschaft – das lehrt uns der Volkswirt und rät deshalb zu Regulation, Überwachung und Intervention. Marktdominanz anstreben, Wettbewerbsbarrieren schaffen und Preise erhöhen um damit die Profitabilität zu maximieren, das lehrt uns der Betriebswirt. Die Kombination von beidem – nämlich das Kartell und die Marktabsprache, das ist illegal. Aus diesem Grund haben alle Staaten Kartellwächter ins Leben gerufen. Daran ist ja nichts auszusetzen, denn niemand will von einem Monopolisten ausgebeutet werden.
Seit uns aber die Globalisierung und das Internet lauter natürliche Monopole beschert haben, ist die Sache nämlich nicht mehr ganz so einfach. Ein erfolgreiches, digitales Unternehmen wird häufig fast zwangsläufig selbst zum Monopol. Wir werben bei Facebook oder Google, wir rechnen, schreiben und präsentieren mit Microsoft Office, wir buchen das Hotel bei Booking.com, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
Eine der nächsten Wellen, die auf uns zukommen wird, ist das mobile Bezahlen. Ich erinnere mich noch, als ich nach dem Erscheinen von Paymit sofort die App installiert und einem Freund 5 Franken überwiesen habe, damit er sich auch registriert. Wir alle wissen, dass die Freude nicht lange währte und ich auf die Fusion von Twint und Paymit warten musste.
Als langjähriger Kunde von Apple bin ich natürlich auch fest in deren Ökosystem eingebunden. Was lag da näher, als beim Launch von Apple Pay sofort auch meine Kreditkarte zu hinterlegen? Nur: Von den diversen Kreditkarten in meinem Portmonnaie wurde anfänglich keine akzeptiert. Nur die Corner Bank machte mit und auch genau bei der war ich nicht. Schliesslich erbarmte sich Swisscard dann doch noch. Als dann Twint nach der Fusion mit Paymit herauskam, war ich als Kunde verloren. Bezahlt habe ich seither nämlich fast täglich mit dem iPhone mittels NFC und Fingerprint. Die Kreditkartenanbieter, die ApplePay nicht unterstützen, können sich heute bestenfalls über eine gelegentliche Notfalltransaktion freuen.
Ich weiss, dass ich mit meinem Verhalten zu einer exotischen Gruppe von rund 0,5 Prozent der Schweizer gehöre. Noch! Die spannende Frage dabei ist: Werden sie sich für die Schweizer Lösung Twint entscheiden und damit – falls es Twint gelingt einen signifikanten (monopolistischen?) Marktanteil zu erobern – etwas Wertschöpfung in der Schweiz und bei unseren Finanzinstituten zu belassen, oder werden sie dem Monopol aus dem Ausland verfallen?
In jedem Fall treffen die Kunden auf einen Anbieter, der das Ziel hat, möglichst viel monopolistische Macht aufzubauen. Ob hier der globale Goliath schlimmer ist als der lokale David (Ebay.com vs Ricardo.ch), das muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich selbst würde mir mehr Wertschöpfung in der Schweiz wünschen. Dazu muss das Angebot aber mindestens gleich gut wie jenes der Wettbewerber sein. Dies ist im Moment technisch unmöglich, da der globale Oligopolist die Funktionalität seiner Endgeräte (NFC) nicht für Drittanbieter öffnet – zumindest nicht fürs mobile Bezahlen.
Ob sich die Aktionäre von Twint auf illegale Art und Weise abgesprochen haben, das weiss ich nicht – die Weko scheint dies im Moment zu prüfen. Was ich aber weiss, ist, dass Schweizer Unternehmen ihren Heimmarkt nicht kampflos den globalen Akteuren überlassen dürfen. Und wenn als Resultat dabei ein lokales Monopol entsteht, so ist dies vielleicht sogar das kleinere Übel, das wir zur Not auch regulieren können
PS: Für die jüngeren unter meinen Lesern: Ersetzen Sie den Titel Monopölchen durch Schweinderl und googeln den Satz.
Thomas Flatt ist Präsident swissICT, Unternehmer, Berater und Verwaltungsrat
(Diese Kolumne «Seitenblick» erschien erstmals im Swiss IT Magazine vom 3. Dezember 2018 und muss nicht die Meinung von swissICT wiedergeben.)