Rollen statt Hierarchien: So transformiert sich die ICT-Arbeitswelt

Rollenmodelle verändern nicht nur die Zusammenarbeit, sondern auch das HR-Management und die gesamte Unternehmenskultur. Das bilden wir auch im Rollenverzeichnis und swissICT-Standardwerk ab, das neu Rollen der ICT heisst.

Wir haben mit mehreren Unternehmen aus den Sektoren IT, Transport & Logistics und Versicherungen gesprochen, die ihre Organisation agil transformiert haben und geben Einblick in die Praxis.

Vom Beruf zur Rolle: Ein HR-Projekt mit Wirkung

Die Umstellung von Berufen auf Rollen ist mehr als ein neues Organigramm. In der Praxis bedeutet das, dass Mitarbeitende nicht mehr auf eine feste Funktion festgelegt sind. Stattdessen übernehmen sie Rollen, die sich an den aktuellen Anforderungen des Teams und der Projekte orientieren. Unternehmen A* hat beispielsweise alle Mitarbeitenden in vier Hauptfunktionen mit verschiedenen Levels eingeteilt: Subject Matter Expert, BizDevOps Engineer, Servant Leader und Service Engineer. Die eigentliche Rolle – etwa Scrum Master, Product Owner oder DevOps Engineer – wird flexibel diesen Funktionen zugeordnet.

Für das HR bringt das Vorteile: Kompetenzen werden nicht mehr nur nach Berufsbezeichnung gesucht, sondern nach den Fähigkeiten, die für eine konkrete Aufgabe gebraucht werden. Das macht es einfacher, passende Mitarbeitende für neue Herausforderungen zu finden.

Ein Beispiel: Wer als Product Ownerin arbeitet, kann je nach Projekt auch als Entwicklerin oder Techlead eingesetzt werden. Die HR-Abteilung muss nicht für jede neue Aufgabe einen neuen Vertrag aufsetzen, sondern kann flexibel auf die vorhandenen Skills zugreifen.

Agile Organisation: Rollen statt Hierarchien

Agile Organisationen setzen auf flache Strukturen. Die klassische Trennung zwischen Fach- und Personalleitung wird aufgehoben oder neu verteilt. In Unternehmen B* wurden Teamleitende abgeschafft und die Führung aufgeteilt: Die fachliche Führung liegt bei Rollen wie dem Agile Coach oder Release Train Engineer, die personelle Führung bei sogenannten People Manager:innen oder Center-Leiterinnen. Diese führen oft grosse Teams – manchmal bis zu 50 oder sogar 150 Personen – und konzentrieren sich auf Entwicklung, Coaching und das Lösen von Hindernissen.

Die Rollen sind dynamisch: Ein DevOps Engineer kann heute im Entwicklungsteam arbeiten und morgen als Scrum Master ein Projekt leiten. Die Zuordnung erfolgt oft über Tools wie Jira, während der Arbeitsvertrag generisch bleibt. So entsteht eine flexible, projektbezogene Arbeitswelt, in der Mitarbeitende ihre Stärken gezielt einbringen können.

Fazit: Mehr Flexibilität, mehr Verantwortung

• Die Transformation von Berufen zu Rollen macht Unternehmen beweglicher.
• HR kann gezielter rekrutieren, Teams können schneller auf Veränderungen reagieren.
• Die Mitarbeitenden übernehmen mehr Verantwortung und gestalten ihre Entwicklung aktiv mit.

Herausforderungen gibt es trotzdem: Die Trennung von Fach- und Personalleitung ist nicht immer einfach, und neue Rollen müssen klar definiert werden. Doch die Vorteile überwiegen: Agile Organisationen schaffen eine Umgebung, in der Talente wachsen und Innovationen entstehen können.

*Im Beitrag wird bewusst auf die Nennung der Unternehmen verzichtet. Die Fallbeispiele stammen alle aus Konzernen der Sektoren IT, Transport & Logistik und Versicherungen.

Die Rollen der ICT helfen Organisationen, die richtigen Menschen für die richtigen Aufgaben zu gewinnen. Der Wandel von Berufen zu Rollen ist deshalb mehr als ein neuer Begriff. Er steht für ein verändertes Verständnis von Arbeit in der digitalen Welt. Deshalb wird das swissICT-Standardwerk Berufe der ICT zu Rollen der ICT weiterentwickelt.

Dieser Beitrag wurde von der Arbeitsgruppe Berufe / Rollen der ICT erstellt.

Autoren: Beat Fluri & Gregor Färber