15. August 2022

Keine Digitalisierung ohne Inklusion

Der Wettbewerbsvorteil als Softwareanbieter beginnt mit Barrierefreiheit. E-inklusive Projekte sind erfolgreicher und zukunftsgerichteter.

Nahezu die gesamte Schweizer Bevölkerung hat Zugang zum Internet (1), aber nur 32 Prozent der über 55 bis 64-Jährigen und nur 21 Prozent zwischen 65 und 74 Jahren sind digital kompetent (2). Mehr als ein Fünftel (22 Prozent) der Schweizer Bevölkerung sind physisch eingeschränkt (3), dabei sind Seh- und Hörvermögen besonders betroffen (4). 800 000 Erwachsene in der Schweiz können nicht richtig lesen und schreiben (5), 36.1 Prozent der ALV-Bezüger sind leseschwach (6), beim letzten Pisa-Test von 2015 liegen die 15-jährigen Schweizer Schüler bezüglich Leseverständnis unter OECD-Durchschnitt (7).

Die Digitalisierung der Gesellschaft und im engeren Sinne E-Government kann nur funktionieren, wenn alle teilhaben können, dafür müssen die Angebote inklusiv zugänglich erstellt werden.

Chancen

Aus Sicht einer Organisation, die User erreichen will, sprechen sehr viele Argumente für inklusive Angebote. Es wird ein breiterer Nutzerkreis erreicht. Was für beeinträchtigte Nutzer unentbehrlich ist, kann für alle nützlich sein.

Hier ein paar Beispiele:

Ausreichende visuelle Kontraste sind für alte Menschen und Menschen mit Farbenblindheit oder anderen Sehbehinderungen essenziell, sind aber auch bei Spiegelungen am Mobile-Display sehr wichtig. Tabulatortasten werden nicht nur bei motorischen Einschränkungen genutzt, sondern gerade auch von digital kompetenten Nutzern, die z.B. bei einem Formular schneller durch den Inhalt navigieren möchten. Wenn der Begleittext einer Aufgabe in einfacher Sprache geschrieben ist, können Aufgaben schneller erledigt werden (10), da Nutzer vermehrt Ablenkungen ausgesetzt sind, z.B. bei der Arbeit am Computer im Grossraumbüro oder unterwegs mit dem Mobile.

«The scarce resource of the 21st century will not be technology; it will be attention.»
Mark Weiser (11)

Der Weg zur Kultur der Inklusion

Der Weg zur Inklusion ist unausweichlich. Der Europäischen Rechtsakt zur Barrierefreiheit (12) hat auch eine Bedeutung für Schweizer Unternehmungen:

«Der digitale Raum soll barrierefreier werden und im EU-Raum tätige Unternehmen müssen damit rechnen, dass einklagbare Verpflichtungen auf sie zukommen. Da viele Firmen und Organisationen in der Schweiz in Europa aktiv sind und/oder Kunden, Geschäftsbeziehungen im EU-Raum pflegen, dürfte der EAA indirekt auch Einfluss auf die Schweiz ausüben.»
Sylvia Winkelmann-Ackermann (13)

Seien Sie bereit für den neuen Markttrend. Anforderungen bezüglich Barrierefreiheit müssen in die gesamte Entwicklung der Lösung integriert werden, vom Vorprojekt bis hin zur Einführung. Bei allen Beteiligten eines inklusiven Projekts sind in den Bereichen Design, Entwicklung und Inhalt Grundkompetenzen bezüglich Barrierefreiheit notwendig. Wenn das Team divers zusammengesetzt ist, ist das auch noch innovationsfördernd:

«Diverse Teams denken innovativer. Sie sind besser darin im „Anderssein“ Vorteile zu entdecken und sind dadurch offener, innovative Ideen weiterzuentwickeln und nicht zu unterdrücken.»
Lukas Kahwe Smith, CTO Witty Works AG (21.6.2022 via E-Mail)

Machen Sie Inklusion sichtbar, indem Sie Projekte mit Inklusion als solches zu kennzeichnen und erfolgreich in den Medien positionieren.

Möchten Sie noch mehr tun?

Die Schweizer Accessibility Community entwickelt ein Manifest, dem sich alle Dienstleister anschliessen können, die E-Inklusion in ihrem Betrieb gewährleisten können. In Kürze können Sie sich als Anbieter mit ihrer Leistung profilieren. Kontaktieren Sie Miro Dietiker.

 

Bild: Gabriele Fackler

Quellen

(1) https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-informationsgesellschaft-sport/informationsgesellschaft/gesamtindikatoren/haushalte-bevoelkerung/internetzugang-haushalte.html

(2) https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/kultur-medien-informationsgesellschaft-sport/informationsgesellschaft/gesamtindikatoren/haushalte-bevoelkerung/digitalekompetenzen.html

(3) https://dam-api.bfs.admin.ch/hub/api/dam/assets/15003394/master, S.7

(4) https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitszustand/behinderungen.html

(5) https://www.swissinfo.ch/ger/wenn-mann-oder-frau–buchstaeblich–ueberfordert-ist/43497674

(6) https://beruf.lu.ch/-/media/Beruf/Dokumente/Dokumente_Formulare_Links/Berufslehre/Bildung_Berufsabschluss_fuer_Erwachsene/Grundkompetenzen_Arbeitsplatz/Bass_Volkswirtschaftliche_Kosten.pdf
36.1% der ALV-Bezüger sind leseschwach

(7) https://www.sbfi.admin.ch/dam/sbfi/de/dokumente/2018/11/pisa-15-national.pdf.download.pdf/pisa2015_nationaler-bericht_d.pdf S. 42
https://de.wikipedia.org/wiki/PISA-Studien#Ergebnisse_der_PISA_2015-Studie

(8) https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-90906-6_26

(9) https://www.doctima.de/2021/07/einfache-sprache-technische-dokumentation/

(10) https://www.nngroup.com/videos/simple-clear-language-improves-ux/

(11) https://www.microsoft.com/design/assets/inclusive/InclusiveDesign_RespectingFocus.pdf

(12) https://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1202&intPageId=5581&langId=en

(13) https://access4all.ch/blog/2021/07/european-accessibility-act-eaa/

(14) https://www.bfh.ch/de/aktuell/fachveranstaltungen/it-beschaffungskonferenz-2022/detailprogramm/

Autorin

 

Gabriele Fackler, UX/UI Designerin, Reflexivity / MD Systems

 

IT-Beschaffungskonferenz 2022

Miro Dietiker von MD Systems und Gabriele Fackler von Reflexivity sprechen am 24.8.2022 an der IT-Beschaffungskonferenz 2022 – «Make or Buy? Make and Buy!» in der Fachsession 3 – Digitale Nachhaltigkeit über «Barrierefreiheit für Inklusion & Diversität». (14) swissICT Mitglieder können vergünstigt an der Konferenz teilnehmen.

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