1. Februar 2018

Schon wieder Politik – diesmal mit Einleitung

Meinung

Netzsperren, freie Meinungsäusserung, staatliche Aufgaben, Steuern und Regulation sind in unserer digitalen Gesellschaft immer enger mit Informatik Themen verwoben. Konnten wir uns bei der Gründung unseres Verbandes noch als reiner Fachverband positionieren und damit auch ein wenig aus der Verantwortung stehlen, wird dies zunehmend schwieriger. Nicht nur die Medien, sondern auch die Politik und viele unserer Mitglieder möchten, dass wir zu aktuellen Themen Stellung beziehen.

Dabei sind es bei weitem nicht nur informationstechnologische Fragen, die zur Debatte stehen. Das inhaltliche Verständnis von Technologie ist aber eine der Voraussetzungen, um sich eine qualifizierte Meinung zu bilden. Denn wie soll ich ethische oder gesellschaftspolitische Fragen beantworten können, die sich in einer analogen Welt gar nicht stellen? Gleichzeitig wird unsere Meinungsbildung aber auch von unseren grundsätzlichen Vorstellungen zu Gesellschaft, Eigenverantwortung, Staatsquote oder schlicht politisch links, rechts, grün, schwarz oder rot beeinflusst.

Als Informatik – oder auch digitaler – Verband haben wir historisch eine Mitgliederstruktur, die sich aus allen politischen Lagern zusammensetzt. Denn die Begeisterung für Technologie und die Vielfalt der beruflichen Möglichkeiten, die sich daraus ergeben, machen nicht an Parteigrenzen halt. Gleichzeitig sind wir nicht wie eine politische Partei organisiert und fassen keine Parolen an Parteitagen, die allen Mitgliedern offenstehen. Zwangsläufig wird es also dazu kommen, dass wir Entscheide fällen, die nicht immer der politischen Meinung aller Mitglieder entsprechen.

In unserem Verband sind viele Firmen organisiert. Auch sind viele unserer Vorstandsmitglieder Unternehmer oder leiten als Manager grössere IT-Organisationen. Es ist deshalb nachvollziehbar, dass wir im Grundsatz eine wirtschafsfreundliche Position beziehen. Wir belassen es aber nicht dabei. Wir sehen unseren Verband nicht als reinen Lobbyisten von Partikularinteressen. Wir sind auch nicht unkritisch Technologie-verliebt. Wir sind auch kein Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerverband.

Wir möchten als Verband den Nutzen von Digitalisierung und Informatik für die Gesellschaft und den Werkplatz Schweiz maximieren. Dazu gehört auch der kritische Diskurs zu allen Themen rund um die Digitalisierung. Langfristige Trends, wie die Entwicklung des Arbeitsmarktes, das lebenslange Lernen oder die Wettbewerbsposition der Schweiz sind Teil davon.

Kurzfristig müssen wir uns aber mit Tagesaktualitäten auseinandersetzen. Eine solche ist das Referendum gegen das Geldspielgesetz. Es gibt gute Gründe dieses Gesetz anzunehmen, es gibt aber auch Gründe dagegen. Als Verband der Digitalisierung sind wir gegen das Gesetz, da mit Hilfe von Netzsperren der Zugang zu einem in der Schweiz sonst legal erhältlichen Produkt, verhindert werden soll. Wieso diese Netzsperren wirkungslos sind und wieso sie aus grundsätzlichen Überlegungen abzulehnen sind, wurde bereits breit diskutiert.

Trotz dieser Überzeugung hat swissICT sich nicht für das Referendum engagiert. Der Grund war, dass wir überzeugt sind, dass das Referendum scheitern wird und wir befürchten, dass damit den Befürwortern von Netzsperren ein Argument geliefert wird, diese auch in anderem Kontext einzusetzen, um Handelshemmnisse oder Zensur einzuführen.

Da das Referendum nun aber zustande gekommen ist und auch zur Abstimmung kommt, unterstützt swissICT das Referendum. Denn Zensur, Marktabschottung und Lobbying für Partikularinteressen – zu Ungunsten der restlichen Schweizer Gesellschaft – steht nicht auf unserer politischen Agenda.

Thomas Flatt ist Präsident swissICT, Unternehmer, Berater und Verwaltungsrat

(Diese Kolumne «Seitenblick» erschien erstmals im Swiss IT Magazine vom 5. März 2018 und muss nicht die Meinung von swissICT wiedergeben.)

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