8. Juni 2022

Open Innovation – wie insbesondere auch KMUs davon profitieren können (Teil 1)

Die Digitalisierung und Globalisierung verlangen nach neuen Innovationsparadigmen, um sich als Unternehmen im Markt erfolgreich positionieren zu können. Das Open Innovation Paradigma ist ein solches.

Wie Studien beweisen, hat Open Innovation in den letzten 15 Jahren stark an Bedeutung hinzugewonnen. Gerade jedoch bei kleinen und mittleren Unternehmen, die stark von den Vorteilen von Open Innovation profitieren könnten, ist dieser Innovationsansatz noch wenig verbreitet. In einer dreiteiligen Serie möchte ich daher Open Innovation und seine Anwendung näher beleuchten.

Warum Open Innovation?

Woher kommt der Begriff, was versteht man darunter und warum ist Open Innovation für Unternehmen so wichtig? Welche Ausprägungen von Open Innovation gibt es? Diesen Fragen gehe im ersten Teil der Serie auf den Grund.

Offenheit und Kollaboration

Offenheit und Kollaboration bilden heutzutage die Grundvoraussetzung für ein erfolgreiches Innovationsmanagement. Unternehmen profitieren stark von einem direkten und transparenten Austausch aller relevanten Stakeholder-Gruppen. Voraussetzung dafür ist jedoch eine offene Unternehmenskultur. Innerhalb der eigenen Organisation heisst Offenheit und Transparenz, Silos abzubauen, um damit internes Wissen und Informationen allen Mitarbeitenden zugänglich zu machen.

Gegen aussen bedeutet Offenheit die richtigen externen Quellen in einem Netzwerk zu lokalisieren und in das eigene Innovationsmanagement einzubeziehen (Paal, 2019). Zu diesen externen Quellen gehören andere Unternehmen, Kunden, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Lieferanten und Industrie-Experten (Chesbrough, 2003). Schon in den 90er-Jahren konnten Untersuchungen aufzeigen, dass Unternehmen mit technologieorientierten, externen Beziehungen innovativer sind, als jene ohne solche (Enkel & Gassmann, 2009).

Die Verbreitung und die Leistungssteigerung des Internets in den 2000-er Jahren und die dadurch gesunkenen Koordinationskosten haben der Entstehung kollaborativer Netzwerke zum Durchbruch verholfen. Die Unternehmen begannen sich zusehends, einerseits firmenintern zwischen verschiedenen Länderniederlassungen, anderseits firmenübergreifend und auch mit Einzelpersonen oder Bildungseinrichtungen zu vernetzen.

Kollaborative Forschung zeigt sich insbesondere bei Innovationen im hochtechnisierten Sektor als wertvoll, da es in diesen Bereichen sehr unwahrscheinlich ist, dass einzelne Forscher oder Organisationen die benötigen Ressourcen und Fähigkeiten im Alleingang bereitstellen können (Schilling, 2013).

Woher stammt der Begriff Open Innovation?

Der Begriff Open Innovation wurde durch Herny Chesbrough 2003 in seinem gleichnamigen Buch geprägt (Chesbrough, 2003). Er hat Open Innovation als eine Lösung für die Probleme entwickelt, mit welchen das Unternehmen Xerox mit seinem Forschungszentrum Palo Alto Reserach Center (PARC) zu kämpfen hatte. Dazu hatte er verschiedene Projekte studiert und zahlreiche Interviews mit Xerox Managern geführt.

Obwohl etliche Erfindungen und Technologien, wie z.B. das «Graphical User Interface» oder das «Ethernet Networking» im PARC entwickelt wurden gelang es Xerox nicht den nötigen Profit aus diesen zu erzielen. Grund dafür sei aber keineswegs ein Missmanagement des PARC’s fand Chesbrough heraus. Dieses wurde nämlich nach den gleichen Prinzipien anderer bedeutender Forschungseinrichtungen geleitet. Die Probleme seien eher dem Innovationsprozess von Xerox zuzuschreiben.

Das Closed Innovation Paradigma

Xerox hatte das PARC nach dem «Closed Innovation Paradigma» geführt: Das Unternehmen forschte nach neuen Technologien, versuchte daraus Produkte zu entwickeln und diese zu vertreiben. Dies tat es alles in den eigen vier Wänden. Dieses Vorgehen war nicht nur bei Xerox, sondern auch bei den meisten führenden Unternehmen der Nachkriegszeit etabliert. Die Closed-Innovation-Strategie war in früheren Dekaden darum so erfolgreich, weil sich das Expertenwissen damals auf wenige Universitäten und grosse Konzerne beschränkte.

Mit der wachsenden Anzahl an neuen Universitäten verteilte sich das Wissen jedoch plötzlich viel besser und war somit auch für kleinere Unternehmen erreichbar. Mit dem zusätzlichen Aufkommen der Venture-Capital-Industrie war auch das Geld vorhanden, die in den Grosskonzernen schlummernden Erfindungen in kommerzielle Produkte umzusetzen. Da zudem Forscher typischerweise ihre Entdeckungen viel lieber in kommerziellen Produkten wiederfanden, als sie in einem Regal in einem Grosskonzern verstauben zu sehen, wanderten viele von ihnen mit ihrem Wissen ab, gründeten ihre eigenen Unternehmen und vermarkteten Ihre Technologien erfolgreich.

Abb. 1: Closed Innovation Paradigma (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Chesbrough, 2003))

Das Open Innovation Paradigma

Es versteht sich von selbst, dass es für Unternehmen nicht besonders attraktiv ist in die Erforschung von neuen Technologien zu investieren, die danach unkontrolliert den Weg in andere Firmen finden und dort erfolgreich vermarktet werden. Die veränderten Bedingungen verlangten nach einem neuen Paradigma – dem Open-Innovation-Paradigma.

«Open Innovation» heisst, dass wertvolle Ideen sowohl innerhalb als auch ausserhalb des Unternehmens entstehen und sowohl innerhalb als auch ausserhalb der Firma vermarktet werden können (Chesbrough, 2003). Durch die Globalisierung und Digitalisierung verstärkt sich der Druck auf die Unternehmen zusehends ihre Innovationen immer schneller und zu geringeren Kosten auf den Markt zu bringen. Hinzu kommt, dass sich die Bedürfnisse und das Verhalten von Nutzern stetig verändern, was die Unternehmen zwingt auch in ihren Innovationsprozessen agil zu sein.

Abb. 2: Open Innovation Paradigma (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Chesbrough, 2003))

Kernprozesse von Open Innovation

Durch die Aufweichung der Unternehmensgrenzen, die mit dem Open-Innovation-Ansatz einhergehen, erhalten Unternehmen die Möglichkeit das Wissen externer Quellen in Ihren Innovationsprozess einzubinden. Diese externen Quellen können Zulieferer, andere Firmen, Start-ups, Bildungseinrichtungen, Kunden oder gemeinhin Nutzer sein. Der dazugehörende Prozess wird Outside-In-Prozess genannt.

Auch in der anderen Richtung (Inside-Out) kann mit fremden Unternehmen zusammengearbeitet werden. So können Spin-off-Firmen, an denen das Unternehmen beteiligt ist, mit dem Ziel gegründet werden eine Innovation in einer nicht zur Unternehmensstrategie passenden Branche zu kommerzialisieren. Die aktive Vermarktung von Patenten gehört ebenso zu dieser Inside-Out-Strategie.

Während letztere vornehmlich von grösseren Unternehmen eingesetzt wird, können sehr wohl auch kleinere Firmen vom Outside-In-Prozess profitieren, indem sie so an Wissen gelangen, welches firmenintern nicht vorhanden ist. Die dritte Ausprägung – der Coupled-Prozess – ist eine Mischform der vorgestellten Prozesse. Dabei wird in einer Kooperation über den gesamten Innovationsprozess hinweg an neuen Produkten oder Innovationen gearbeitet (Enkel & Gassmann, 2009).

Abb. 3: Kernprozesse von Open Innovation (Quelle: Eigene Darstellung in Anlehnung an (Chesbrough, 2003))

Im nächsten Teil meiner dreiteiligen Serie gebe ich einen kurzen Einblick, wie Open Innovation in der Praxis von Grosskonzernen angewandt wird und welche Rolle Open Innovation in der Corona Pandemie spielte. Im dritten und letzten Teil zeige ich schliesslich an zwei Beispielen aus der Schweizer Innovationslandschaft auf, dass Open Innovation längst nicht nur Grosskonzernen vorbehalten ist, sondern auch für KMU’s diverse Opportunitäten für bietet.

Bitte nehmen Sie auch an unserer Umfrage über den Stellenwert von Open Innovation in der Schweizer Unternehmenslandschaft teil. Die Umfrageresultate erhalten Sie auf Wunsch zugestellt.

 

Literaturverzeichnis

Chesbrough, H. W. (2003). OPEN INNOVATION.

Enkel, E., & Gassmann, O. (2009). Neue Ideenquellen erschließen — Die Chancen von Open Innovation. Marketing Review St. Gallen, 26(2), 6–11. https://doi.org/10.1007/s11621-009-0025-6

Paal, A. (2019). Grundlagen agiler Innovation. https://blog.innosabi.com/de/basics-of-agile-innovation

Schilling, M. A. (2013). Strategic Management of Technological Innovation (4th ed.).

Autor

Urs Isenegger ist Inhaber und Geschäftsführer der swintelligence GmbH und Mitglied der Fachgruppe Innovation von swissICT. Er verfügt über eine langjährige Experten- und Führungserfahrung in der Telekommunikationsbranche und eignete sich über die letzten Jahre ein grosses Know-how in agilen Methoden und im Innovationsmanagement an. Swintelligence unterstützt Firmen in Innovation- und ICT-Consulting sowie in Design Thinking. Swintelligence ermöglicht es Unternehmen – unabhängig von deren Grösse und vorhandenen Ressourcen – das enorme Potential und die Schwarmintelligenz externer Communities zu nutzen, um so die eigenen Innovationen voranzutreiben.

Umfrage

Die Fachgruppe Innovation befasst sich auf der strategischen und der operationellen Ebene damit, wie Innovationen in der Schweizer ICT-Branche schneller und erfolgreicher umgesetzt werden können.

Mit der folgenden Umfrage wollen wir herausfinden welchen Stellenwert Open Innovation in der Schweizer Unternehmenslandschaft besitzt.

Umfragedauer: ca. 7 Minuten
Einsendeschluss 14. August 2022

Die Auswertung erfolgt anonymisiert. Interessierte Teilnehmende erhalten die Umfrageresultate zugestellt.

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