12. November 2019

Studie zeigt: Agilisierungsinitiativen werden in zwei von drei Fällen falsch angegangen

Gemäss einer Studie des Beratungshauses Kobaltblau haben 75 Prozent der befragten Unternehmen signifikante Schritte in Richtung Agilisierung unternommen. Zwei Drittel von ihnen haben jedoch entgegen ihrer eigenen Überzeugung das Ziel nicht erreicht und werden es mit dem gewählten Ansatz auch nicht erreichen.

von Ivan Kovynyov

Agilität ist heutzutage ein heisses Thema auf dem Gebiet der Organisationsentwicklung. Immer mehr Unternehmen starten agile Transformationen mit dem Ziel, mehr Agilität in ihren Organisationen zu verankern. In einer unabhängigen und umfangreichen Studie untersuchte das Beratungshaus Kobaltblau die Agilisierungsstrategien von Unternehmen und leitete daraus vier unterschiedliche Profile ab: Innovatoren, Techniker, Spitzenreiter und Nachzügler.

Die überraschende Erkenntnis: Während die meisten Unternehmen ihren Agilisierungsansatz auf das Projektmanagement und die Lösungsentwicklung ausrichten, fokussieren sich die Spitzenreiter stattdessen auf die Agilisierung der Prozesse. 75 Prozent der Spitzenreiter geben an, dass ihre Prozesse (insbesondere Planung, Budgetierung und Ressourcenallokation) flexibel genug seien, um auf wechselnde Prioritäten innerhalb der Organisation reagieren zu können. Ein weiterer Unterschied zwischen den Spitzenreitern und dem Rest der Befragten besteht darin, dass zwei Drittel der Spitzenreiter Entscheidungskriterien für den Einsatz agiler Methoden etabliert haben und nicht unbedingt einen höchstmöglichen Anteil agiler Projekte in ihren Portfolios anstreben.

Business Agility: viel Nachholbedarf bei den Supportfunktionen – Spitzenreiter setzen auf die Produktentwicklung

Supportfunktionen wie Personalwesen, Finanzen, Administration, Legal und Marketing werden von der Mehrheit der Befragten als wenig agil eingestuft. Überraschend ist, dass auch das Linienmanagement trotz aller Bemühungen rund um das Thema Agile Leadership unter den drei am wenigsten agilen Unternehmensfunktionen anzutreffen ist. Dies deutet auf den Modernisierungsbedarf in diesen Bereichen hin.

Viele der Befragten beurteilen die IT als die agilste Funktion in ihrem Unternehmen. In Industrien wie Automotive und Manufacturing wird auch Research & Development genannt. Bemerkenswert ist, dass die Spitzenreiter in Sachen Agilität mit Abstand am häufigsten die Produktentwicklung als die agilste Funktion innerhalb ihrer Organisationen bezeichnen.

Über 80 Prozent der Spitzenreiter bestätigen, dass Softwaretests in ihren Organisationen automatisiert ablaufen und über alle Phasen des Entwicklungsprozesses verteilt sind. Nahezu 100 Prozent der Spitzenreiter geben ferner an, dass die Verkürzung von Release-Zyklen durch den Einsatz von Continuous Delivery, Deployment und Integration ihre Time-to-Market signifikant reduziert hat.

Nutzung agiler Skalierungsframeworks

Die Skalierung agiler Methoden ist ein weiteres Trennungsmerkmal von agilen und weniger agilen Organisationen. Während 90 Prozent der Spitzenreiter und nahezu 100 Prozent der Innovatoren angeben, Skalierungsframeworks zu nutzen, liegt der Durchschnittswert bei den übrigen Befragten bei ca. 40 Prozent. Die Spitzenreiter setzen im Schnitt zwei bis drei Skalierungsframeworks gleichzeitig ein, die anderen begnügen sich mit ein bis zwei.

Am häufigsten wird das Framework «Scrum of Scrums» genutzt, dicht gefolgt von eigenentwickelten Methoden. SAFe und LeSS holen auf, sind jedoch bisher nicht unter den Top 3 anzutreffen. Weitere häufig eingesetzte Skalierungsframeworks sind Lean Management und Agile Portfolio Management.

Konsequenz für die CEOs und CIOs?

Ein hoher Anteil an agilen Projekten im Portfolio scheint nicht notwendigerweise eine Voraussetzung für Agilität zu sein, sondern eher deren Konsequenz. Führungskräfte sollten daher ihre Agilisierungsinitativen auf die Prozesse, den Kulturwandel und die Organisation ausrichten und weniger auf die Projektarbeit als solche.

Die Studie zeigt ferner eine Korrelation zwischen der Zufriedenheit mit den bisherigen Initiativen und dem agilen Reifegrad der Kultur, der Werte und der Führung eines Unternehmens. Grundsätzlich empfiehlt es sich, gezielt die crossfunktionale Zusammenarbeit zu fördern, das Silodenken aufzubrechen und die Selbstorganisation in den Teams zu etablieren.

Eckdaten der Studie

  • Es wurden 125 Rückmeldungen analysiert.
  • 80 Prozent der Rückmeldungen stammen von Unternehmen mit Sitz in Deutschland, Frankreich und der Schweiz.
  • Der Fokus liegt auf C-Level-Führungskräften (60 Prozent der Befragten).
  • Grosskonzerne (mehr als 10’000 Mitarbeitende) machen 40 Prozent der Rückmeldungen aus.
  • Die Top-5-Industrien Finanzen (Banken, Versicherungen und Vermögensverwalter), Transport/Logistik, Hightech, Manufacturing und Automotive decken 60 Prozent der Rückmeldungen ab.
  • Die Studie wurde in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Ralf Mikut vom Karlsruher Institut für Technologie durchgeführt.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an die Studienleitung:

Ivan Kovynyov
Ivan.Kovynyov@kobaltblau.com

 

Grafiken: Kobaltblau

Bild: unsplash

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