Frau Trinler, Covid-19 hat unsere gewohnte Art zusammenzuarbeiten in kürzester Zeit verändert. Was bedeutet das?

Charlotte Trinler: Schon seit längerem hat sich abgezeichnet, dass sich unsere gewohnte Führungskultur verändern wird. Covid-19 hat diesen Prozess nun in kürzester Zeit exponentiell beschleunigt und wirkt geradezu als Booster der Digitalisierung. Dabei bekommt auch das Thema ‚Umgang mit Veränderung‘ einen neuen Stellenwert. Führungskräfte sind gefordert und brauchen zusätzliche und zum Teil auch andere Stärken. Sie müssen beispielsweise noch mehr Empathie und Integrationsfähigkeiten haben und eine verstärkte Vorbildfunktion einnehmen. Denn viele Menschen sind in der aktuellen Situation mit den ganzen Unsicherheiten stark psychisch belastet und erwarten eine aktive, transparente und verantwortungsvolle Führung, die ihnen Sicherheit, Orientierung und Zuversicht gibt.

Wie gelingt eine verantwortungsvolle Führung in der aktuellen Situation

Charlotte Trinler: Führungskräfte müssen sich immer wieder hinterfragen: Wie erreiche ich meine Mitarbeitenden? Wie kann ich ein gemeinsames Verständnis schaffen? Wie werde ich wahrgenommen und wie verstehe ich meine Rolle? Zudem sind die Führungskräfte gefordert, kurzfristige Ziele mit den Mitarbeitenden zu verfolgen, Ideen im kleinen Rahmen auszuprobieren und danach zu reflektieren ob und wie die Ideen skaliert werden können. Das Erreichen der Ziele wirkt sich positiv auf die Motivation aus und schafft Orientierung. Langfristige Ziele haben heutzutage eher die Bedeutung einer wegweisenden Richtung. In der täglichen Arbeit geht es daher vielmehr darum, mit den Mitarbeitenden greifbare, kleine Schritte zu definieren. Und noch mehr als sonst gilt es, bewusst den Dialog zu suchen und sicherzustellen, dass alle motiviert und gemeinsam arbeiten können. Dazu braucht es ein starkes Kollektiv.

Sie bieten im Rahmen von «Digital Academy» einen Workshop zum Thema «Virtuelle Führung und Zusammenarbeit». Was erwartet die Teilnehmerinnen und Teilnehmer?

Charlotte Trinler: In der aktuellen Situation braucht es zusätzliche, manchmal andere Techniken wie diejenigen, welche uns im bisherigen Alltag vertraut sind. Die Spieler in einer modernen Organisation sind gegenseitig voneinander abhängig und können nicht mehr als autonome Individuen arbeiten. Zusätzlich prägen mobiles Arbeiten, flexible Arbeitszeiten, virtuelle Räume und globale Netzwerke unser ‚New Normal‘. Was muss ich also tun, um als Führungspersönlichkeit Vertrauen in diese wenig planbare und manchmal chaotische Arbeitswelt zu schaffen und gleichzeitig Zusammenarbeit zu fördern? Wie stelle ich trotzdem ‚Business Continuity‘ sicher? Und was muss ich tun, damit ich mich dabei auch persönlich gut fühle? Genau diese Fragen wollen wir im Workshop anhand von eigenen, konkreten Herausforderungen bearbeiten.

Welche Rolle spielt dabei die Handelskammer?

Charlotte Trinler: Viele Mitgliedsunternehmen der Handelskammer beider Basel sind aus dem KMU-Bereich und hatten bis vor Corona eventuell weniger Berührungspunkte mit mobilem Arbeiten oder virtueller Führung. Auch haben sie im Gegensatz zu Grossunternehmen häufig nicht die Möglichkeit, sich intern das Wissen anzueignen und sind auf externe Weiterbildungen angewiesen. Und genau da wollen wir als erprobte Expertinnen und Experten Hand bieten für individuelle Fragestellungen und Lösungen.