15. Februar 2023
«Viele sind erstaunt, dass wir unsere Kernsysteme selbst entwickeln»
Wie man als Schweizer Familienunternehmen in einem global stark umkämpften Wachstumsmarkt besteht, zeigt Planzer. Der inhabergeführte Betrieb aus Dietikon beliefert seit über 90 Jahren unzählige Firmen und seit einigen Jahren auch Privathaushalte. Dabei setzt das Unternehmen auf die partnerschaftliche Zusammenarbeit und behält gleichzeitig relevante Prozesse unter eigener Kontrolle. Dazu gehört insbesondere die IT.
Wie es dazu kam, dass die Unternehmensgruppe Planzer die IT-Systeme selber entwickelt, wie ein traditionelles Transportunternehmen erfolgreich IT-Fachkräfte anwirbt und wer intern Innovationsprozesse antreibt, sagen Tobias Resenterra (Bild oben, links), Leiter IT ad interim und Milan Jovanovic (Bild oben, rechts), Head of Engineering und Analytics.
Als Logistikunternehmen mit weltweit über 5600 Mitarbeitenden braucht Planzer eine leistungsfähige IT. Trotzdem stellt sich die Frage: Weshalb wurden Sie Firmenmitglied von swissICT?
Milan Jovanovic: Von aussen sieht man nicht, was wir alles machen. Wir haben eine top moderne IT-Infrastruktur und Softwareentwicklung. Davor steht quasi immer ein Lastwagen oder ein Lagerhaus. Viele sind erstaunt, wenn sie hören, dass wir unsere Kernsysteme selbst entwickeln und auch selbst betreiben. Dass wir uns mit intelligenten selbstlernenden Systemen befassen und nahezu alle Disziplinen der IT-Welt abdecken. Darauf sind wir stolz und dies möchten wir auch in die Aussenwelt transportieren.
Wie hat sich die Logistik durch die digitale Prozess-Automatisierung verändert?
Tobias Resenterra: Digitalisierung öffnet auch bei uns viele neue Türen. Wir können manuelle Prozesse optimieren und automatisieren. Damit kommen wir näher an die kundenspezifischen Bedürfnisse und bringen einen sehr hohen Automatisierungsgrad in den Logistik-Prozess. Oft ist die Vereinfachung das Ziel. Dies stellt aber umso mehr Herausforderungen an eine funktionierende, sichere und performante IT.
Wie haben sich diese Veränderungen auf den Erfolg und das Transformations- und Strategiemanagement von Planzer ausgewirkt?
Jovanovic: Wir sind vollumfänglich auf Transformationskurs. In allen Bereichen des Unternehmens finden Transformationsprozesse statt. Wir möchten die Digitalisierung nutzen, um unsere Position auf dem Markt weiter auszubauen und vor allem in Transformationsthemen vorne mit dabei zu sein.
Der Austausch mit Kunden läuft bei Planzer heute zu über 80 Prozent digital. Worauf legen Sie heute bei der Customer Experience Wert – und was zählt in fünf Jahren?
Jovanovic: Trotz Digitalisierung und Automatisierung ist es uns wichtig, unsere Kundinnen und Kunden persönlich zu treffen, mit ihnen zu sprechen und sie zu kennen. Dies ist Teil unserer Kultur und diesen Kontakt möchten wir auch in den nächsten Jahren pflegen. Parallel dazu setzen wir beim Austausch mit unseren Kundensystemen auf vollautomatisierte Prozesse, die wir stetig verbessern werden.
Seit wann ist die Digitalisierung zentral bei Planzer – und welche Auswirkung hat das auf die Kultur?
Resenterra: Die Digitalisierung ist seit vielen Jahren zentral bei Planzer. Die Auswirkung auf die Kultur dürfte nicht so gross sein. Wir sind ein Familienunternehmen, in dem wir trotz der Digitalisierung immer noch offen und ehrlich miteinander reden.
Jovanovic: Inzwischen ist die digitale Transformation auf allen Ebenen etabliert. Dabei dürfen wir die Menschen nie aus den Augen verlieren und müssen sie bei den permanenten Veränderungsprozessen mitnehmen. Das kriegen wir mal besser hin und mal weniger gut, bleiben mit hohem Fokus jedoch immer dran. Wichtig ist, dass wir von der Besitzerfamilie unterstützt werden.
Hat sich durch die Digitalisierung die Rolle der IT in den Innovationsprozessen von Planzer verändert?
Jovanovic: Vor zehn Jahren war es allein die IT, die über digitale Innovation sprach und vorantrieb. Heute sind sehr viel mehr Spielerinnen und Spieler in die Innovationsprozesse involviert. Zum Beispiel unsere Fachbereiche oder unsere Partnerinnen und Partner. Heute arbeiten wir team- und bereichsübergreifend zusammen.
Resenterra: Veränderungen bei Geschäftsabläufen und Logistikprozessen treiben diese Bereiche direkt an. Wir von der IT nehmen die Herausforderungen entgegen und schauen, mit welchen Mitteln wir sie am besten unterstützen können. Direkt bei der IT ist die Innovation derzeit zum grössten Teil in technischen Prozessen zu finden, beispielsweise bei der Cloudifizierung diverser Dienste. Wir haben etwa unsere gesamten virtuellen Server in der Cloud und nur noch einen sehr kleinen Teil in einem gehosteten Datacenter.
Welche besonderen Daten-Kompetenzen hat Planzer entwickelt?
Jovanovic: Seit rund drei Jahren befassen wir uns relativ intensiv mit Daten. Wir sehen darin einen grossen Mehrwert und geben ihnen in unserer Strategie einen wichtigen Stellenwert. Wir möchten mittels Daten unsere eigenen Prozesse besser messen, um diese gezielt zu optimieren. Das Data-Analytics-Team wertet die vielen Daten unserer On-Board-Units, der Sensoren und Abladedaten aus. So sehen wir, wo Verbesserungen möglich sind. Gleichzeitig wollen wir auch die Prozesse unserer Kundinnen und Kunden besser verstehen. Wir entwickeln unsere intelligente Tourenplanung weiter und arbeiten an Forecast-Modellen, um für uns wichtige Vorhersagen für einzelne Prozesse treffen zu können.
Wie bindet Planzer die Kundinnen und Kunden in die eigene IT ein?
Resenterra: Wir haben ein separates Data-Integration-Team, welches flexibel verschiedenste Kunden anbinden kann, so dass ihre Aufträge direkt in unsere Systeme übermittelt werden können. Zudem arbeiten wir mit crossfunktionalen Teams, in denen zur Data-Integration die Bereiche Projektleitung, Business-Analyse und Software-Entwicklung zusammenkommen. Mit dieser breiten Expertise ist es uns möglich, unsere Kundinnen und Kunden richtig zu verstehen, ihre Bedürfnisse korrekt aufzunehmen und entsprechende Lösungen umzusetzen.
Welches sind die grössten Herausforderungen bei der digitalen Zusammenarbeit mit Externen?
Jovanovic: Nicht nur wir verändern uns aktuell stark, sondern auch die Kundschaft, die Partnerinnen und Partner sowie die Zulieferer. Da liegt die grösste Herausforderung: die stetige Veränderung der Externen fortlaufend zu beurteilen und mit unserer eigenen Strategie abzustimmen. Wir wollen permanent die richtigen Teilnehmerinnen und Teilnehmer in unserem Umfeld.
Resenterra: Sehr hohe Priorität hat auch der Aspekt Security. Wir müssen sichere Kommunikationsmittel und Zugänge zur Verfügung stellen. Zudem müssen Externe verstehen, wie wir ticken. Wir sind recht flexibel, agil und bei uns stehen die Benutzerinnen und Benutzer im Zentrum.
Welches sind die Herausforderungen bei internen Stakeholdern?
Resenterra: Wir wollen unseren Mitarbeitenden sowie den internen Stakeholdern die bestmögliche Plattform bieten, Tasks rasch, aber qualitativ gut und nachhaltig umsetzen. Die Anforderungen müssen ins Gesamtkonzept, in die Gesamtarchitektur passen und das ist nicht immer ganz einfach.
Welches sind die grossen IT-Themen, die mittelfristig dominieren werden?
Resenterra: Intern sind das die Transformation der Enterprise-Resource-Planning-Systeme und die Sicherheit. Es gilt, permanent die richtige Mischung aus Sicherheit und Effizienz bei den Geschäftsprozessen zu erreichen. Zudem legen wir grossen Wert darauf, zum Erfolg von Planzer Paket beizutragen. Wir kommen aus der Transport- und Lagerlogistik und sind inzwischen auch ein qualitativ hochwertiger Paketlieferant. Diesen Service bauen wir weiter aus.
Jovanovic: Global betrachtet dominieren in der IT die Themen Digitale Transformation, Big-Data, Internet of Things, Security und Modern Work.
Stichwort Modern Work. Wie geht Planzer mit dem Fachkräftemangel in der IT um?
Resenterra: Als Familienunternehmen liegt uns viel an den eigenen Leuten. Wir wertschätzen und fördern unsere Mitarbeitenden, indem wir sie bei der Ausbildung unterstützen und regelmässig die persönlichen Bedürfnisse mit denen des Unternehmens abgleichen. In Drei-Monats-Meetings besprechen wir Wünsche, Ziele und die mögliche Unterstützung, diese zu erreichen. So sind wir nahe an den individuellen Bedürfnissen. Selbstverständlich bieten wir auch Home-Office, grosszügige Arbeitsplätze – und ab fünf Jahren bei Planzer gibt es sechs Wochen Ferien.
Weshalb kauft Planzer die IT nicht extern ein?
Resenterra: Wir können so flexibler auf interne Bedürfnisse und Anforderungen aus den Business-Bereichen reagieren. Ausserdem könnte ein externer Player die Wichtigkeit einzelner Fälle nicht richtig deuten. Wir wissen, wann es brennt und wann wir handeln müssen. Externe würde da wohl schnell auf Schnittstellen-Vereinbarungen und Verträge pochen. Zudem sind wir ein Familienunternehmen. Bei uns wollen sich weder die Mitarbeitende noch die Business-Bereiche mit einer externen Firma auseinandersetzen, wenn es nicht nötig ist.
Jovanovic: Durch eine eigene IT haben wir über die letzten 25 Jahre sehr viel fachspezifisches Wissen aufgebaut und decken ein sehr grosses Spektrum an kundenspezifischen Bedürfnissen ab. Damit heben wir uns von vielen Mitbewerbern ab und wollen unsere Marktpositionierung stärken und ausbauen. Für uns ist die IT ein wichtiger Enabler für neue Services, neue Märkte und neue Kunden.
Was hat dazu geführt, dass Planzer bei swissICT Mitglied wurde?
Jovanovic: Wir decken ein breites Spektrum der IT-Welt ab. Wir haben topmoderne Infrastruktur-Teams, entwickeln den grössten Teil unserer Kernsysteme selbst, setzen auf datengetriebene Prozesse und sind in sämtliche Transformationsprozesse und Projekte involviert. Deshalb möchten wir uns auch mit anderen IT-Firmen vernetzen, austauschen und Best-Practises miteinander teilen. Dafür ist swissICT eine sehr gute Plattform.
Was schätzt Planzer an swissICT?
Resenterra: Die Lohn- und Salärstudie kennen wir seit Jahren und haben sie immer wieder bestellt. Und der Verband behandelt sehr interessante und spannende Themen.
Was versprechen Sie sich von der Mitgliedschaft?
Jovanovic: Die Erweiterung unseres Horizontes, neue Vernetzungen und neue Partner. Und wir bringen eine grosse Branchenexpertise mit, die vielleicht auch anderen Mitgliedern und swissICT etwas bringt.