6. August 2020

Haftung im Ausland – was muss ich beachten?

Die ICT-Industrie arbeitet selten nur lokal. Sie hat Kunden oder Partner, die im Ausland ansässig sind. Das heisst, auch Versicherungen sollten bei Bedarf weltweit abgeschlossen werden. Für zwei Länder ist dies jedoch besonders knifflig.

Der Schweizer IT-Dienstleister Meier Software* arbeitet an einem Auftrag für eine amerikanische Firma. Aufgrund einer hohen Personalfluktuation während des Projektes und dem daraus resultierenden Versagen des Projektteams kann die vereinbarte Deadline nicht eingehalten werden. Daraufhin tritt der Auftraggeber vom Vertrag zurück. Als die astronomische Höhe der Schadenersatzforderung aus den Staaten bekannt wird, ist man bei Meier Software mehr als sprachlos. Und noch schlimmer: Die Haftpflichtversicherung der Schweizer Firma zahlt nicht.

Andere Länder, andere Sitten

Das fiktive Beispiel oben illustriert die Gefahren von Auslandsgeschäften. Geschäfte mit Kunden oder Partnern im Ausland verändern den gesetzlichen und auch kulturellen Rahmen einer Zusammenarbeit. Dies vernachlässigen IT-Dienstleister auf eigene Gefahr, denn gerade beim Thema Haftung kann es hier sehr brenzlig werden. 

Wenn Sie in so eine Zusammenarbeit eintreten, sollten Sie genau hinschauen: Wie regelt der Vertrag unser Verhältnis? Welches Gesetz kommt wann zur Anwendung? Und wenn es das ausländische Gesetz ist: Wie sieht dieses Gesetz aus? Grundsätzlich lässt sich sagen, dass die meisten Regionen dieser Welt Sie nicht vor grosse Probleme stellen werden. Wichtig ist primär zweierlei:

  • dass Ihre Haftpflichtversicherung explizit weltweite Gültigkeit besitzt,
  • dass die Deckung für Subunternehmen eingeschlossen ist. 

Ist dies der Fall, so fahren Sie in den meisten Ländern gut. Da sind Sie auch geschützt, wenn beispielsweise Ihre Entwicklungspartner in Polen, der Ukraine oder sonst wo auf der Welt ansässig sind. Doch es gibt zwei gewichtige Ausnahmen – nämlich in Nordamerika.

«See you in court!» – die Tücken der nordamerikanischen Mentalität

In Nordamerika ist es wesentlich gängiger, dass Haftungsklagen eingereicht werden und man versucht, Unternehmen möglichst viel Geld abzupressen und auch indirekt beteiligte Parteien haftbar zu machen. In den letzten Jahrzehnten wurde in den USA zudem etwa die Kausal- statt der Delikthaftung eingeführt, es kam zunehmend zur Festsetzung von hohem Strafschadenersatz und der Anwendungsbereich des Haftpflichtrechts wurde z.B. auf Schäden an öffentlichen Gütern und die Entschädigung für Schmerz und Leid ausgeweitet.

Die Folge: 54 Prozent des weltweiten Betriebshaftpflicht-Prämienvolumens entfallen auf die USA. Laut dem Institute for Legal Reform kosten Betriebshaftverfahren die US-Wirtschaft 264 Milliarden Dollar pro Jahr, 100 Milliarden davon entfallen auf KMU. Und auch Kanada kann als Haftungs-Haifischbecken bezeichnet werden: Seit dem Jahr 2000 steigt dort das Haftpflicht-Prämienvolumen im Durchschnitt jährlich um 15 Prozent.

Was bedeutet das? Es bedeutet, dass die USA und Kanada bei Versicherungen nicht gerade beliebt sind. Man sagt nicht gern finanzielle Deckungen für ein Land zu, in dem IT-Firmen gut und gern auch mal auf 999 Millionen Dollar verklagt werden. In den meisten Fällen sind die beiden Länder deswegen vom Versicherungsschutz ausgeschlossen.

Genau hinschauen!

In Ausnahmefällen lässt sich in Absprache mit dem Underwriting der Versicherungsgesellschaft eine Lösung finden. Dabei analysiert die Versicherung einerseits den Kunden, den Partner sowie das Vertragskonstrukt. Die Vertragsstruktur wird daraufhin überprüft, wie gut sich die häufig vorkommenden Forderungen abwehren lassen. 

Wenn Sie genau hinschauen, findet sich eventuell ein Weg, eine Deckung zu vereinbaren. Lassen Sie sich dabei am besten durch einen Versicherungsexperten und gegebenenfalls auch einen Juristen unterstützen. Mit der Anpassung von Vertragswerken (Haftungsklauseln) oder der Einschränkung der Tätigkeit lassen sich häufig wesentliche Hürden überspringen. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg beim Auslandsgeschäft.

* frei erfundenes Beispiel

 

Autorin: Vanessa Manser, Account Managerin bei esurance

Bild: Photo by Rusty Watson on Unsplash

Disclaimer: Dieser Artikel erscheint im Rahmen der Partnerschaft mit esurance, einem Mitglied von swissICT. Gemeinsam mit esurance und dem Label swiss made software bietet swissICT seit April 2020 branchenspezifische und kostengünstige Versicherungslösungen an. Alle Informationen rund um dieses Angebot finden Sie unter www.swissict.ch/esurance

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