19. November 2020

Laterale Führung – wir sind alle Führungskräfte

In diesem Beitrag zeigen wir auf, wie Führung ohne Weisungsbefugnis, sogenannte laterale Führung, geht, und was es braucht, um dahinzukommen. Kommen Sie mit auf die Reise?

von Louise Koeckhoven und Thomas Haas

Erinnern Sie sich an die Zeit, als Sie in einer kleinen Gruppe arbeiten mussten, zum Beispiel in der Schule oder in einer Sportmannschaft? In solchen Teams gab es oft eine natürliche Rollenverteilung. Ganz ohne Diskussion – es geschah einfach. Jemand ergriff die Initiative, die anderen folgten. Eine oder zwei Personen fassten die Beschlüsse, der Rest führte sie aus.

Louise KoeckhovenDiese Dynamik tritt nicht nur in Sport-Teams auf. Das Phänomen ist auch im Alltag, auf der Arbeit, im Freundeskreis oder beim gemeinsamen Reisen spürbar. Menschen folgen automatisch einer Führungskraft, ohne zu fragen. Wenn Sie diese Rolle einnehmen, verfügen Sie über Macht. Sie bestimmen, in welche Richtung sich das Team bewegt, um Ihr Ziel zu erreichen. Aber passen Sie auf! Es kann leicht passieren, dass plötzlich eine andere Person im Team die Führung übernimmt.

«Laterale Führung ist Führung ohne Weisungsbefugnis.»
Quelle: Go Beyond

Es stellen sich also folgende Fragen: Wie werden wir zur Führungsperson, was genau ist Laterale Führung, und wie viel davon braucht es wirklich? Um diese Fragen zu beantworten, habe ich mit dem Unternehmensberater Thomas Haas gesprochen. Er arbeitet seit Jahren in der Geschäftsentwicklung und agilen Beratung und hat mir neue Einblicke in das Thema Laterale Führung gegeben:

«Heute setzen viele Organisationen auf flache Hierarchien mit agilen und funktionsübergreifenden Teams, die sich selbst organisieren. Ihre Mitglieder haben keine spezifischen Titel oder Stellenbeschreibung mehr. In solchen Teams wird das Führen ohne Weisungsbefugnis immer wichtiger, um die Effizienz zu steigern und dennoch die gesteckten Ziele zu erreichen. Und damit meine ich nicht nur die Ziele der Organisation, sondern auch persönliche Ziele, die man als Führungskraft erreichen will. Um erfolgreich zu sein, müssen wir auf die richtige Art und Weise auf die Personen in unserem Umfeld einwirken. Es muss uns gelingen, sie dazu zu bringen, immer mit einem gemeinsamen Ziel vor Augen zu handeln. Damit es zu einer Lateralen Führung kommt, muss jeder freiwillig seine Rolle einnehmen und auch freiwillig Verantwortung übernehmen. Das kann nur geschehen, wenn es eine gute Vertrauensbasis gibt.»

Von Vertrauen spricht man oft. Aber wir alle wissen, dass es schwierig ist, Vertrauen zu gewinnen und einfach, es wieder zu verlieren. Was heisst Vertrauen also wirklich? Und wie kann man Vertrauen schaffen, wenn eine Organisation auf flache Hierarchien setzt?

«Vertrauen ist die Überzeugung, dass jemand gut und ehrlich ist und einem keinen Schaden zufügt, oder dass etwas sicher und zuverlässig ist.»
Quelle: Cambridge dictionary

Vertrauen wird geschaffen, indem man den Menschen ein Gefühl von Sicherheit und Zuverlässigkeit gibt. Sie müssen glauben, dass das, was die Führungskraft sagt, wahr und positiv ist. Die Führungskraft muss dabei darauf achten, dass jede Person anders ist. Nicht alle haben das gleiche Bedürfnis nach Sicherheit, um Werte wie Vertrauen und Beständigkeit zu spüren.

Um einen sicheren Raum zu schaffen, in dem Vertrauen gedeihen kann, gibt es zwei Hauptkriterien:

  1. Einfühlungsvermögen: Menschen wollen als Menschen und nicht als Ressource wahrgenommen werden.
  2. Gemeinsame Ausrichtung: Alle müssen das gleiche Ziel haben und dieses bewusst und beharrlich verfolgen.

Wer lateral führt, muss diese beiden Gefühle hervorrufen können. Hören Sie genau hin, was Ihre Leute sagen. Und erklären Sie ihnen, warum Sie so handeln, wie Sie es tun. Orientieren Sie sich an gemeinsamen Zielen und Werten und schaffen Sie so das Gefühl von Sicherheit und Vertrauen.

Die Organisation schafft Sicherheit

Schafft eine gute Organisation Sicherheit? «Zuerst muss man in der gesamten Organisation Vertrauen schaffen», antwortet Thomas Haas auf diese Frage. «Das ist der Schlüssel zum Erfolg.» Das Vertrauen in die Werte und das Management müsse hoch sein. Die Mitarbeiter müssten spüren, dass die leitenden Angestellten im Unternehmen für sie und ihre Umgebung nur das Beste wollen. Das sei das A und O. Dafür braucht es laut Haas klare Normen und Werte, die kontinuierlich eingehalten werden. Auch in einer Krise, wie wir sie jetzt gerade erleben. Die Werte müssen nach wie vor gelten, und Sie müssen diese Werte klar und offen kommunizieren. Aber wissen Sie eigentlich, wie hoch das Vertrauen innerhalb Ihrer Organisation ist?

Menschen in Organisationen schaffen Sicherheit

Vertrauen innerhalb der Organisation ist notwendig, damit Manager und Führungskräfte ihre Rolle erfolgreich erfüllen können. Denn wie sollen sie das notwendige Vertrauen im Team aufbauen können, wenn es in der Organisation an Kontinuität und Zuverlässigkeit mangelt?

Wir stellen fest: Das Vertrauen der Mitarbeiter in die Manager und die leitenden Angestellten ist zentral. Aber wie sieht es umgekehrt aus? Das Vertrauen der Führungskräfte in ihre Mitarbeiter ist genau so wichtig. Im 21. Jahrhundert reicht es nicht mehr, sich auf Titel zu verlassen, um ihr Selbstvertrauen zu stärken. Konzentrieren Sie sich auf die Resultate, die Ihre Mitarbeiter erarbeiten, anstatt auf die Anzahl Stunden, die sie im Büro verbringen. Klären Sie Ihre Mitarbeiter über das Unternehmen und die Geschäftsprozesse auf, damit sie das grosse Ganze sehen. In diesem Artikel können Sie zudem erfahren, wie Sie auch bei Remote Work Vertrauen schaffen können.

Wenn Sie Ihren Mitarbeitern vertrauen, vertrauen sie Ihnen

«Ich habe meine eigenen Teams erfolgreich aufgebaut, in dem ich ihnen Vertrauen geschenkt habe», sagt Haas. Das erlaube es den Kollegen und Mitarbeitern, auf ihre eigene Art und Weise erfolgreich zu sein. Sie könnten so wachsen und ihren ganzen Wert und ihre volle Stärke ins Team einbringen. «Ich möchte andere inspirieren und ihnen helfen, das Gleiche zu tun.» Das sei auch der Grund, warum er Managern dabei helfe, Sicherheit und Vertrauen innerhalb ihrer Organisation und Führung aufzubauen, erklärt Haas.

Um Vertrauen und Sicherheit zu schaffen, sei es wichtig, sich darauf zu konzentrieren, sowohl sich selbst als auch andere zu führen. Man müsse Verantwortung übernehmen, Menschen miteinander verbinden und die richtigen Strukturen für das Team schaffen. «Das ist es, was wir in unserer Ausbildung lehren und praktizieren», sagt Haas.

Damit bin ich voll und ganz einverstanden. Denn jede einflussreiche Führungsperson, die Verantwortung übernimmt, gemeinsame Ziele betont und Empathie schafft, erhöht die Durchschlagskraft und Effektivität von Teams.

Warten Sie also nicht, bis jemand anderes die Führung übernimmt, und fangen Sie heute an!

 

Autorin: Louise Koeckhoven (LinkedIn Profil)

Mit Inputs von: Thomas Haas (LinkedIn Profil) von Go Beyond. Thomas und sein Team helfen dir und deinem Team, Leadership auf allen Stufen zu etablieren. Zum Beispiel mit einem Training, mit Coaching oder im Gestalten hoch performanter Teams.

Übersetzung aus dem Englischen: Marcel Urech (LinkedIn Profil)

Bild (Teaser): Jehyun Sung on Unsplash

Disclaimer: Die Speaker der Lean, Agile & Scrum Konferenz 2020 haben viel Energie und Arbeitszeit in die Vorbereitung ihres Beitrags gesteckt. Leider konnte die Konferenz aus bekannten Gründen nicht stattfinden. Ihre Beiträge erhalten nun entweder im Rahmen dieses Blogs und/oder in anderen Formaten der Fachgruppe Lean, Agile & Scrum die verdiente Bühne.

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