11. Januar 2023
Chatbots – von der Idee zum gewinnbringenden Einsatz
Conversational AI ist in aller Munde und verspricht die Schnittstelle serviceorientierter Unternehmen zu ihren Kunden zu revolutionieren. Chatbots nehmen darin eine gewisse Vorreiterrolle ein. Sie sind zwar noch nicht flächendeckend verbreitet, aber wohl schon jeder von uns ist bereits einem begegnet. Anlass genug mit diesem Thema in unsere neue Serie INNOtalk zu starten.
Mit Sophie Hundertmark hatten wir für unsere Auftaktveranstaltung am 17. November 2022 eine ausgewiesene Chatbot-Expertin gewonnen, die uns das Grundlagenwissen zur Konzeption und Integration eines Chatbots vorgestellt hat.
Chatbot ist nicht gleich Chatbot
Chatbots gibt es in zahlreichen und vielfältigen Ausführungen. Zur Kategorisierung dieser Vielfalt hat Prof. Dr. Peter Gentsch ein Reifegradmodell entwickelt. Dieses kategorisiert Chatbots in vier Stufen, wobei einerseits der Personalisierungsgrad aber auch die Komplexität mit jeder Stufe zunimmt.
(Eigene Darstellung in Anlehnung an Prof. Dr. Peter Gentsch)
Die meisten Chatbots, denen wir heute begegnen, sind in der Stufe 1, oder allenfalls Stufe 2, zu verorten. Es handelt sich dabei um regelbasierte Chatbots, welche für im Voraus definierte Fragen und Aufgaben ebenfalls im Voraus definierte Antworten geben. Die Interaktion ist rein funktional, die Kommunikationsbasis ausschliesslich informativ.
Welche Herausforderung zu meistern sind, wenn man das zugrunde liegende Kommunikationsmodell erweitern möchte, zeigt allein schon das simple Beispiel einer Adressänderung. Diese kann der Nutzer oder die Nutzerin als rein administrativen Vorgang wahrnehmen, der einfach nur schnell erledigt werden soll. Sie kann aber auch mit positiven («Hurra! Traumwohnung gefunden») oder negativen Emotionen (Auszug nach Streit in der Partnerschaft) verbunden sein.
Chatbot nicht unbeaufsichtigt lassen
Aus dem obigen Beispiel zur Adressänderung wird schnell deutlich, dass ein Chatbot in eine lebende Betriebsorganisation eingebettet werden muss, fast wie ein echter Mitarbeiter oder eine echte Mitarbeiterin. Nur so lässt sich zeitnah eingreifen, falls man feststellt, dass die Konversationen, welche der Chatbot führt, zu selten zu einem für den Kunden oder die Kundin akzeptierten Ergebnis führen. Denn nichts ist ärgerlicher, wenn am Ende der Konversation mit dem Chatbot sich keine Lösung abzeichnet. Die Unterhaltung mit dem Chatbot darf daher niemals unvollendet bleiben. Als Minimalergebnis muss der Chatbot seinem Gesprächspartner oder seiner Gesprächspartnerin zumindest eine Terminvereinbarung oder einen Rückruf anbieten.
Es gibt aber auch noch einen weiteren guten Grund, spontan auf Trainingsbedarf seines Chatbots reagieren zu können. Seine Einsatzumstände können sich rasch ändern. Beispielsweise dürfte sich nach einem Unwetter eine Versicherung zahlreichen Fragen zur Schadensregulierung ausgesetzt sehen. Da macht es sicherlich keinen guten Eindruck, wenn der Chatbot genau zu diesem Thema völlig ahnungslos ist.
Wirkungskreis des Chatbots optimieren
Um das Potenzial des Chatbots maximal zur Entfaltung zu bringen, muss der Chatbot ans hauseigene CRM-System angebunden sein. Schliesslich ist jede Interaktion des Kunden mit dem Chatbot ein Kundenkontakt. Und als solcher gehört der Kontakt ins CRM-System.
Auch im Sinne der oben erwähnten Weiterführung einer Chatbot-Unterhaltung des Kunden oder der Kundin ist die Integration erforderlich. Denn der Kunde oder die Kundin erwartet bei einem Rückruf natürlich, dass der Call-Center-Agent die Hintergründe für den erbetenen Rückruf kennt.
Aber nicht nur intern im eigenen Unternehmen will der Chatbot verankert sein. Er muss auch nach aussen gegenüber der Kundschaft ausreichend bekannt sein. Selbst ein sprachbegabter und allwissender Chatbot entfaltet keine Wirkung, wenn niemand Zugang zu ihm findet, weil er sich in der hintersten Ecke einer virtuellen Filiale versteckt. Der Chatbot will prominent im Zugangsbereich präsent sein. Nur dort entlastet er die Call-Center-Mitarbeitenden und sammelt genug Feedback für seine eigene Lernkurve.
Chatbot implementieren
Einen einfachen Chatbot zu bauen ist heute kein schwieriges und zeitintensives Unterfangen mehr. Aus den bislang durchgeführten Implementierungsprojekten liegen genügend Erfahrungen vor. Wenn man diese berücksichtigt, dann hat man sehr gute Erfolgsaussichten, dass der gebaute Chatbot auch seinen Zweck erfüllt.
Als Vorgehen hat sich dabei eine klassische Konzeption bewährt, welche die wichtigsten Fragestellungen und Randbedingungen in mehreren Schritten klärt. Das im Marketing Review (Marketing Review St. Gallen) vorgestellte Vorgehen umfasst beispielsweise sechs Schritte:
In jedem Fall eine gute Empfehlung: Ein verständlicher Virtual Agent Guide von Sophie Hundertmark führt Einsteiger und Einsteigerinnen elegant durch den Prozess zur Erstellung eines eigenen Chatbots.
Technologie-Plattformen als Basis für eine Chatbot-Applikation sind zahlreich verfügbar. Neben den grossen internationalen Konzernen gibt es auch eine Reihe nationaler Anbieter, welche einen Blick wert sind. Diese sollten bei der Auswahl auf jeden Fall berücksichtigt werden, da sie sich je nach Anwendungsfall unterschiedlich gut eignen.
Literaturverzeichnis:
Prof. Dr. Peter Gentsch (2.2018): (Chat)bots meet AI – wie Conversational Customer Service die Kommunikation und Interaktion verändert, in Harald Henn, Marketing Resultant GmbH: Chatbots & AI im Customer Service (PDF)
Marketing Review St.Gallen (4.2021): Conversational Commerce
Sophie Hundertmark: Der Virtual Agent Guide