29. April 2022

Peer-to-Peer finanzieren und investieren – ICT-Branche vorne dabei

Warum die ICT-Branche bei der Peer-to-Peer-Finanzierung eine dominante Rolle einnimmt, seien es Unternehmen mit Finanzierungsbedarf oder Unternehmer mit Anlagebedarf.

von Alwin Meyer, swisspeers

Peer-to-Peer-Verbindungen und Dezentralisierung sind Anwendungen, Konzepte und Visionen, die ihre Ursprünge in der ICT finden, oder in der Branche verbreitet und bekannt sind. Neben der Affinität für digitale Lösungen mögen dies wichtige Gründe sein, warum die Peer-to-Peer-Finanzierung in der ICT-Branche grossen Zuspruch findet. Warum das so ist und wie die Hoheit über die eigenen Anlagen wieder zurück in die Hände des Investors respektive der Investorin gelangt, zeigen wir in diesem Artikel auf.

Die Herausforderung der ICT-Finanzierung: keine bankfähigen Sicherheiten

Gemäss der SECO-Studie aus dem Jahr 2021 zur Finanzierung der KMU in der Schweiz sind ⅔ der Unternehmen mit Finanzierungsbedarf entmutigt, das heisst sie stellen keinen Kreditantrag bei traditionellen Finanzdienstleistern. Sie glauben nicht daran, eine Finanzierung zu erhalten. Die Gründe für die Entmutigung sind die folgenden:

Die Daten zeigen, dass von allen KMU, die in den letzten 12 Monaten erfolgreich einen Bankkredit beantragt haben, 58 Prozent über eine Hypothek verfügen und damit bereits eine mit Sicherheit hinterlegte Bankfinanzierung erhalten haben. Von den entmutigten Firmen haben lediglich knapp 13 Prozent einen Bankkredit mit hypothekarischer Deckung.

Unternehmen ohne Immobilien in der Bilanz finanzieren sich folglich signifikant weniger mit Fremdkapital, weil sie keine traditionellen Sicherheiten stellen können. Das gilt im besonderen Masse für ICT-Unternehmen, deren Aktiven nicht Grund und Boden sind, sondern laufende Unterhaltsverträge, Intellectual Property oder Daten.

Darüber hinaus beantragen Unternehmen, die weniger als 50 Vollzeitstellen bieten, nahezu fünf Mal weniger einen Bankkredit als grössere Unternehmen (21 Prozent gegenüber 4 Prozent). Kleinere Finanzierungsbedürfnisse ohne traditionelle Sicherheiten scheinen besonders schwierig erfüllbar zu sein.

Die Lösung: Direct Lending dank Peer-to-Peer Technologie

Peer to Peer als direkte Computer zu Computer, respektive Querkommunikation, ist in der Informationstechnologie weit verbreitet und bekannt. Die Informationstechnologie selbst macht das Peer-to-Peer-Modell für eine breite Palette an Dienstleistungen einsetzbar – auch ausserhalb der ICT-Branche.

In der Finanzindustrie wird das Modell durch Fintech Unternehmen zum Beispiel im Direct Lending entwickelt und eingesetzt. Fintech bringt Finanzierungsbedürfnisse durch den Einsatz von Online-Plattformen direkt mit dem Investitionsbedarf von Individuen und Institutionen zusammen. Dabei kann ein:e Kreditnehmer:in auch zum Investor oder zur Investorin werden, wenn sein oder ihr Unternehmen oder er respektive sie selbst zu viel Liquidität auf dem Konto haben. Andererseits kann ein:e Investor:in zum Kreditnehmer werden, wenn er eine Geschäftsopportunität in seiner Firma verwirklichen möchte. Der springende Punkt – Angebot und Nachfrage werden direkt und transparent miteinander verbunden.

Online-Plattformen weisen im Vergleich zu einem echten Peer-to-Peer-Netzwerk noch einige zentralistische Elemente auf. Allerdings dienen diese ausschliesslich der Vereinfachung des Beziehungsaufbaus zwischen den Peers. Peer-to-Peer bedeutet aber bereits Transparenz, Effizienz und Gleichberechtigung, also Finanzierung auf Augenhöhe.

Der Einsatz einer Blockchain wird für weitere Dezentralisierung sorgen und die heute durch Online-Plattformen angebotenen, zentralen Services weiter aufbrechen. Die Annäherung an ein echtes Peer-to-Peer-Netzwerk wird erreicht, ein einfacher Zugang ermöglicht und Transaktionskosten werden weiter verringert. Der Weg dahin und den breitflächigen Einsatz solcher Finanzierungsmodelle birgt noch einige Herausforderungen.

Technologieaffinität, der Zugang zu Finanzmitteln und transparenten Anlagen machen das Peer-to-Peer-Finanzierungsmodell attraktiv für die ICT-Branche – sei es für Unternehmen mit Finanzierungsbedarf oder Investoren mit Anlagebedarf. Doch wer sind die Investor:innen und Kreditnehmer:innen?

18 Prozent der investierten Gelder auf dem swisspeers Marktplatz stammen von Personen mit ICT-Hintergrund

Investoren auf der Peer-to-Peer-Plattform von swisspeers sind zu 70 Prozent Privatpersonen und 30 Prozent institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Stiftungen und Family Offices.

Gemäss einer Umfrage von Anfang 2022 schätzen Privatpersonen die Investitionen aus verschiedenen Gründen und geben auf die Frage nach ihrer primären Motivation folgende Antwort:

  • 30 Prozent investieren, weil ihnen die Idee von Peer-to-Peer-Lending gefällt
  • 24 Prozent möchten in transparente Anlagen investieren und wissen, wohin ihr Geld fliesst
  • 22 Prozent steht das Verdienen von Zinsen im Vordergrund
  • 22 Prozent möchten Schweizer KMU unterstützen

Bei den privaten Investoren sind Personen aus der ICT-Branche weit verbreitet. Eine Auswertung der Berufe zeigt, dass rund 18 Prozent der von Privaten investierten Gelder von Investor:nnen mit einem ICT-Background stammt. Keine andere Berufsgruppe ist nur annähernd so stark vertreten.

15 Prozent der Kreditnehmer auf dem swisspeers Plattform stammen aus der ICT-Branche

Die einzige Branche, die mehr als 10 Prozent des Kreditportfolios, also der Kreditnehmer von swisspeers ausmacht, ist die ICT-Branche mit rund 15 Prozent Anteil am Gesamtkreditvolumen. Alle anderen über 30 vertretenen Branchen weisen einen Anteil von unter 10 Prozent aus und tragen zu einer guten Diversifikationsmöglichkeit für Investoren bei. Selbst innerhalb der ICT-Branche ist die Diversität gross:

  • Ein Internetservice Provider finanziert seinen Infrastrukturausbau und bringt einen Grossteil seiner Investoren – seine Kunden – gleich selbst mit.
  • Eine Digitalagentur finanziert die Expansion aus der Schweiz nach Deutschland.
  • Ein Managed Service Provider finanziert den Ausbau seiner Cloud Infrastruktur.
  • Ein Anbieter von Digital Marketing Lösungen stärkt sein Working Capital.
  • Ein Anbieter von Backuplösungen schwärmte: «Ich konnte den ganzen Antragsprozess über das Smartphone machen!»

Unsere Daten zeigen es: Technologieaffinität und das Verständnis für Peer-to-Peer Modelle aus der eigenen Branche machen Direct Lending zu einer präferierten Alternative in der ICT-Branche. Sei es für Unternehmen zur Finanzierung von Expansionsplänen oder für Private als Investitionsmöglichkeit.

Autor: Alwin Meyer, CEO & Mitgründer swisspeers

Foto: Adobe Stock

Grafiken: zvg

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